Tempelhofer Feld. Berlin
- Zeichnungen: Malgorzata Zmyslowska
- Beratung: Joanna Erbel, Thomas Guethler
- ideenwettbewerb: 2025
Caspar David Friedrich malt um 1832 „Das Große Gehege“, ein weite, natürlich anmutende, aber dennoch von Menschenhand überformte Auenlandschaft. Diese weite, offene Landschaft, ein zentrales, wiederkehrendes Motiv in seinen Werken weist als „Seelenlandschaft“ über das rein rein Abbildhafte hinaus: Aus einem leicht erhöhten Blickpunkt taucht man bei Betrachtung der dargestellten Spuren der menschlichen Existenz aber vor allem der Naturphänomene ein in eine metaphysische Landschaft hinter der Landschaft…ein auch im 19.Jh. schon bedrohter Sehnsuchtsort…
Das Tempelhofer Feld ist auch ein solcher Sehnsuchtsort, der die Relation zwischen Natur und der allgegenwärtigen Stadtlandschaft neu definiert.
Es vermittel ein einzigartiges Gefühl des Wohlbefindens durch seine weitläufigen, offenen Ausblicke und ermöglicht eine freie Sicht bis zum Horizont, die eine visuelle Fluchtmöglichkeit aus der Hektik der Stadt bietet. Dieser ununterbrochene Blick, kombiniert mit dem offenen Himmel bei Nacht, bietet die seltene Gelegenheit, so weit als möglich frei von Lichtverschmutzung die beruhigende Wirkung der natürlichen Licht- und Dunkelheitszyklen zu erleben, eine Wohltat nicht nur für die Augen, da er die visuelle Belastung reduziert, sondern auch für die geistige Gesundheit, da er ein Gefühl von Ruhe, Freiheit und Verbundenheit mit der Welt um uns herum fördert.
Das Bild für das Tempelhofer Feld als eine ‚Wohnung für alle‘ ist ein räumliches und politisches Manifest.
Es erweitert den üblich Wortsinn und begreift den öffentlichen Raum als einen erweiterten Wohnort für alle, unabhängig von Herkunft, kulturellem Kontext und sozialen Stellung und sogar der Spezies, in dem es auch die nicht-menschlichen „Bewohner“ des Feldes mit einschließt: Der „Holobiont“, ein von der Biologin Lynn Margulis eingeführter Begriff ist aus den drei griechischen Elementen Hólos <όλος> alles, ganz, gesamt; bíos <βίος> Leben; óntos <όντος> Seiendes, Wesen zusammengefügt und bezeichnete ursprünglich ein biologisches System, das aus einem eukaryoten Wirtsorganismus und einer Mehrzahl mit diesem eng zusammenlebenden prokaryoten Arten besteht. Die „Wohnung für alle“ orientiert sich an den Bedürfnisen dieses Holbionten oder „Gesamtlebewesens“ und folgt den Prinzipien von Wachstum und Wiederverwendung. Es kann zu einem Modell für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung werden, die soziale, ökonomische und ökologische Werte vereint.
1 – Küche, Esszimmer:
Urbanes Gärtnern, Hochbeete, Obstgärten, Kleingärten, Café-Pavillons, Picknickplätze
2- Wiesebaden:
Vogelhäuschen, Regengarten, einzelne Baum- und Strauchpflanzungen
3- Rückzugsräume:
Myawaki-Wälder mit Lichtungen mit verschiedenen Charakteren, Sitzgelegenheiten, Spielplätzen oder Tischtennisplatten
4- Wohnzimmer, «Fern-sehen»:
Amphitheater, Veranstaltungsgelände Spielplätzen oder Tischtennisplatten
Die planerische Vision für das Tempelhofer Feld umfasst einen „Ideenteppich“ für die Zukunft, in dem nicht vorrangig bewährte Planungsmethoden angewendet werden, sondern neue, kreative und nachhaltige Lösungen für die Bedürfnisse der Stadtgemeinschaft entwickelt werden. Diese sind notwendigerweise weder räumlich noch zeitlich mit den klassischen Methoden der Stadt- und Freiraumplanung vollständig zu erfassen: Es gilt, die Anschauung der Natur als eine neue Art zu gärtnern (und zu planen) zu etablieren, wie es Gilles Clement in seinem Buch „Die Weisheit des Gärtners“ vorschlägt: „Von nun an geht es darum, sich mit dem Lebendigen zu befassen. Es eingehend anzuschauen und kennenzulernen. Sich in Freundschaft mit ihm zu verbinden.“
Offener Wettbewerb und Diskussion zur Entwicklung des Tempelhofer Feldes im Jahr 2025 — herzlichen Dank an Joanna Erbel und Thomas Guethler für ihre Beratung und Unterstützung.